Ich auch! | #metoo
- Heidi
- 16. Okt. 2017
- 9 Min. Lesezeit
For the English version, please scroll down.

Dieser Blog ist aus Prinzip unpolitisch und möglichst frei vom täglichen Wahnsinn, den unsere Welt so ausmacht. Heute jedoch habe ich mich entschlossen, davon ein klein wenig abzuweichen.
Wenn ich den Namen Harvey Weinstein erwähne, wissen sicher die meisten von Euch, worum es geht. Um einen der mächtigsten, wenn nicht sogar DEN mächtigsten Filmproduzent Hollywoods und seinem jetzt öffentlich gemachten, jahrzehntelangen Missbrauch von Frauen. Von Drohungen, Erpressungen, Nötigungen, bis hin zu Vergewaltigungen.
Etwas, über das man in der Filmindustrie bereits seit vielen Jahren hinter vorgehaltener Hand tuschelte, sich aber niemand traute, laut anzuprangern, wurde jetzt durch einen Bericht der New York Times publik gemacht.
Immer mehr Frauen kommen mit ihren Geschichten, ihren furchtbaren Erlebnissen, die sie mit Weinstein hatten, an die Öffentlichkeit. Weil sie hoffen, es jetzt endlich gefahrlos tun zu können. Ohne dass sie Jobs verlieren, verklagt oder als Lügnerinnen bezeichnet werden oder ihnen vorgeworfen wird, sich und ihren Namen nur gewinnbringend in die Schlagzeilen bringen zu wollen.
Natürlich gibt es auch jene, die jetzt allen Ernstes kommentieren: Ja wieso haben diese Frauen denn so lange gewartet? Wieso hat niemand mal eher was gesagt? Das können nur solche fragen, die selbst nie missbraucht, genötigt, bedroht, vergewaltigt wurden. Die nie Opfer waren. Solche, die nie um einen Job bangen mussten. Die nie Gefahr laufen mussten, als Schlampe, die sich was aus dem Kopf drückt bezeichnet zu werden, oder als „na dann wird sie ihn wohl animiert haben“ ersatzweise „dann wird sie wohl Signale ausgesendet haben“.
Ich möchte hier auch gar nicht weiter in den Fall Harvey Weinstein eindringen. Wer mehr über dieses spezielle Thema erfahren möchte, kann sich leicht in den Medien informieren.
Es ist aber doch so: es gibt eine sehr, sehr große Menge Harvey Weinsteins da draußen. Und sie sind nicht alle mächtige Filmproduzenten. Sie sind einfache Angestellte, Vorgesetzte, Kollegen, Bekannte, Verwandte, oder Fremde auf der Straße. Man findet sie in allen Gesellschaftsschichten. Und sie haben eins gemeinsam: sie glauben, sie könnten mit einer Frau machen was sie wollen. Sie glauben, es ist absolut ok, Frauen anzugrapschen. Sich auf völlig unangemessene Weise körperlich oder verbal zu nähern. Grenzen zu überschreiten oder erst gar keine wahrzunehmen. Frauen wie Objekte zu behandeln und ihre Macht an ihnen auszuleben und Frauen, die versuchen sich zu wehren, kleinzumachen, anzuprangern, auszulachen, ihnen drohen, oder ihre Drohungen gar wahrmachen.
Und als Frau? Ist man solchen Männern oft hilflos ausgeliefert. Die Angst vor Konsequenzen ist zu groß. Man schämt sich. Man sucht Schuld bei sich selbst. Man fürchtet, es wird einem nicht geglaubt. Solche Männer missbrauchen und nötigen in der Regel ohne Zeugen.
Die Schauspielerin Alyssa Milano hat den Hashtag #metoo ins Leben gerufen und alle Frauen, die zu irgend einem Zeitpunkt in irgend einer Form ein solches Erlebnis hatten aufgerufen, dies öffentlich zu machen. Mithilfe dieses Hashtags. Um aufzuzeigen, wie viele es tatsächlich sind. Es geht nicht mal darum, schmutzige Details zu nennen. Es geht einfach nur darum aufzuzeigen: wir sind derer eine sehr große Menge!
Ich muss mich leider dazu zählen. In jüngeren Jahren, in meiner ersten Firma, war es ein Mitarbeiter, der – nicht nur mich, sondern eigentlich alle Kolleginnen – mit seinen anzüglichen, sexistischen Sprüchen und Kommentaren belästigte und sich wie ein Perversling freute, wenn es den Frauen unangenehm war oder sie sich ärgerten. Protest und Widerspruch wurde einfach weggelacht. Eingegriffen von anderen, männlichen Mitarbeitern wurde nie. Ist ja alles harmlos. Hunde die bellen, beißen nicht.
Einmal, in einem Moment ohne Zeugen (natürlich!) fasste er mir direkt an den Hintern mit den Worten „nettes enges Höschen“. Ich schlug seine Hand weg und sagte laut und deutlich, er solle das lassen. Er hat nur gelacht und sich für den Rest der Zeit, wo ich dort gearbeitet habe, darüber lustig gemacht. „Ach herrje… bin ich dir wieder zu nahe gekommen, Schätzchen?“ „Stimmt ja, du bist ein Rührmichnichtan.“
Eine Stufe weiter ging’s dann in der nächsten Firma. Ich möchte hier gar nicht die volle Geschichte im Detail ausbreiten, nur so viel: mein Chef besuchte mich eines Tages unter einem Vorwand an einem Samstag zu Hause, und griff mir dann plötzlich unters T-Shirt an die Brust.
Auch hier schlug ich ihm die Hand weg und bat ihn zu gehen. Ihn mit sehr deutlichen Worten hinauszuwerfen, habe ich mich nicht getraut. Er war ja mein Chef.
Am Montag danach stellte ich ihn im Büro zur Rede und verlangte, dass er mir nie wieder zu nahe kommen sollte. Reaktion: herablassendes Lachen, „Kindchen, jetzt bilde dir mal nichts ein“ und „das war doch nur Spaß“.
Eine Grenzübertretung der verbalen Art hatte ich dann erst vor wenigen Monaten bei meinem jetzigen Arbeitgeber, als ich mit einem langjährigen Geschäftspartner am Telefon ein kleines Pläuschen hielt – nichts Ungewöhnliches – und er dann wie aus dem Nichts meinte „das Gespräch sollten wir mal an einem Sonntagmorgen im Bett weiterführen“.
Wäre es meine erste Erfahrung mit dieser Art Arschloch gewesen, hätte ich es vielleicht anders verarbeitet. Aber es hat mich zunächst (leider) sprachlos gemacht. Als er dann wenige Tage später erneut etwas Unangebrachtes (wenn auch etwas harmloser) sagte, habe ich sehr laut und deutlich klargemacht, wie unangebracht seine Sprüche sind und sollte er noch einmal in so einer Art mit mir sprechen, ich mich weigern würde mit ihm zu telefonieren. „Mein Gott das war doch nur Spaß!“, sagte er in einem Ton, der mir verdeutlichen sollte, jetzt würde ich mich aber anstellen!
Es gibt leider viel zu viele von uns, die Solches, Ähnliches bzw. noch um Längen Schlimmeres mitmachen mussten.
Ich weiß nicht, ob dieser Skandal um Harvey Weinstein so deutlich aufrüttelt wie es nötig wäre. Ob es dazu führt, dass gewisse Typen sich ändern. Offen gesagt glaube ich es nicht.
Was soll man von einer Welt halten, in der jemand, der „grab ‚em by the pussy“ öffentlich sagt, zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wird? Die Wähler dieses Mannes nehmen in Kauf – man könnte denken, begrüßen es – dass er völlig ungestraft Frauenrechte mit Füßen tritt, sich frauen-/ homosexuellenfeindlich und menschenverachtend äußert und handelt.
Was soll man erwarten, wenn machtgierige Schweine wie diese ungestraft schalten und walten dürfen. Was soll man denn hoffen, wenn jemand wie Bill Cosby, der sich wegen ähnlicher Vorwürfe wie Harvey Weinstein verantworten muss, bisher immer noch ungestraft davonkommt?
It’s a Man’s World!
Der Grund, warum Harvey Weinstein plötzlich alle seine Ämter und Jobs los ist, ist bestimmt nicht der, weil alle so entrüstet sind. Sondern der, dass die Sache jetzt dummerweise öffentlich gemacht wurde, man Schadensbegrenzung betreibt, indem man sich heuchlerisch distanziert und sagt, man hätte nichts gewusst bzw. das gesamte Ausmaß nicht gekannt.
Viel Hoffnung, dass diese Welt sich ändert, habe ich leider nicht. Aber es ist extrem wichtig, dass Frauen öffentlich machen, was ihnen passiert. Und ja, ich weiß, die Gründe warum das bisher nicht passiert ist, werden sich wohl auch nicht so schnell ändern.
Schweigen bedeutet aber auch, dass die perversen Schweine in aller Ruhe weitermachen können.
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Dear English readers, this is a very serious topic. My English skills are limited and it's difficult to write about this in a language that isn't my mother tongue. So please bear with me. Thank you.
As a general rule this blog is free of politics and the overall craziness that this world is about. Today though, I’m making an exception.
If I say the name Harvey Weinstein, most of you will know who I’m talking about. He’s one of the most powerful, if not THE most powerful, film mogul in Hollywood. The New York Times has released a report a couple weeks ago, that makes Weinstein’s century long abuse, intimidation, blackmailing and even rape of woman public.
Something that was long talked about behind closed doors in the film industry but no one dared to speak openly because of Weinstein and his handlers and attorneys and their immense power.
More and more women come out of hiding now though and talk about their experiences with Weinstein. Because they hope that in the wake of that scandal, they can do so without fearing any damaging consequences, losing jobs etc. Without being told they only want to bring their names into the news and benefit from it. Without being told they are liars.
Of course there are also those who ask “yeah, but why didn’t these women come forward sooner? Why did they wait so long?” Only those who have never been a victim of abuse, blackmail, rape or have never been in danger of losing a job, of being called a slut who probably asked for it, would ask such awful questins.
I don’t want to dig deeper into the Harvey Weinstein scandal. If you want to learn more about it, there’s plenty of information all over the news and internet.
But let’s face it: there are a whole lot of Harvey Weinstein’s out there. And not all of them are film moguls. Many of them are clerks, supervisors, bosses, colleagues, relatives, acquaintances, or even a stranger on the street. They come from all strata of society. But they all have something in common: they think it is totally ok to physically or verbally abuse a woman. To touch women inappropriately. To get close in all kinds of uncomfortable ways. To objectify women. To abuse power. And to put those who try to defend themselves or try to fight back down, condemn, laugh at, threaten them.
And as a woman? You’re often helpless against these male forces. There’s the fear for the possible consequences, for losing a job, there’s the shame, there’s self-blame. Fear of not being believed. Men like this seldom act with witnesses around.
The actress Alyssa Milano came up with the idea for the #metoo hashtag and has asked woman who are victims of abuse to come forward and post/tweet that hashtag. Not necessarily with revealing all the dirty details, but just to show how many of us are out there.
Unfortunately, I’m one of them. When I was a lot younger and worked at my first job, it was a co-worker who let out inappropriate comments and “jokes” whenever female co-workers were around. And he had the most perverted fun when he got awkward or angry reactions. Protest was met with laughter. No other male employee or the boss did anything about it. “Dogs that bark don’t bite.” “He’s harmless.” “Don’t take it seriously.”
One time, and of course there was no witness in sight, he grabbed my ass with the words “nice tight pants”. I pushed his hand away and told him loudly to stop. He only laughed and for the rest of my time there I was met with comments like “oh, did I come too close for your liking again? Or “aahh yes I remember, you’re a little touch-me-not.”
Even worse it was at my next job. Not all the time while I was there. I wouldn’t have stayed for six years I guess. But one Saturday my boss showed up at my door on a flimsy pretext and suddenly reached under my t-shirt and grabbed my breast.
I hit his arm very hard and asked him to leave. I didn’t throw him out in a way it would have been appropriate. I was a) too shocked in that moment and b) he was my boss after all.
The following Monday I went to his office and told him to never come near me like that ever again. His reaction: a patronizing laugh and “My Dear, don’t make up anything that isn’t there. It was just fun.”
Someone overstepping the line verbally happened to me only a few months ago at my current company. While having a little chat – nothing out of the ordinary – with a business partner on the phone, he suddenly said “we should continue our little talk on a Sunday morning in bed.”
If this had been my very first experience with predators like this, maybe I would have taken it in a different way. But I didn’t take it lightly or brushed it off at all. And kept telling myself for a few days that I was maybe now totally overreacting because, quite frankly, I couldn’t stop thinking about it. I felt bad, horrible, and kept asking myself if I had encouraged that in any way.
My reaction to him had been a very tame one. I was – again – too shocked. A couple days later came another, more harmless but still impossible comment from him and that’s when I got really loud and pissy and told him to stop that shit or I would refuse to speak with him again. He said “Jesus, that was just fun” and his tone was that of a guy who couldn’t believe how someone could have such a crazy reaction for something completely harmless.
There are too many of us who can tell stories like this. Or had experiences that are even worse. Much worse.
I don’t know if that scandal around Harvey Weinstein will shake up that rotten system. If it leads to some of these douchebags to change. Honestly, I don’t think so. What should we think of a world that votes someone who is allowed to openly brag “grab ‘em by the pussy” for President of the USA? Those who vote for that guy, tolerate (or even agree) that he’s a misogynist, a homophobe and an overall awful human being.
What can we expect when pigs like him are in power and there’s obviously no one who’s willing or able to do something about it. What should we hope for in a world where someone like Bill Cosby, who’s accused of basically the same shit as Harvey Weinstein, is still a free man?
It’s a Man’s World.
The reason why Weinstein lost his jobs is not because The Weinstein Company and the Oscar Academy are so horribly shocked. It’s pure damage-control by acting all hypocrite and say they haven’t known, at least not to the full effect.
I don’t have much hope that things change. But it’s important that the women of the world stand up, speak out and stick together.
To stay silent means, to enable those perverts.